Wie alles begann

Wir durften unseren Sohn nicht im Gesicht berühren. Luka nahm nichts in den Mund. Er lehnte es ab, mit einem Löffel gefüttert zu werden.  Das Abstillen war langwierig und sehr schwierig. Schließlich verweigerte er Beikost gänzlich, und mit knapp einem Jahr wog er weniger als 7 Kilo und erhielt seine erste Diagnose: unterernährt.


Er spielte nicht wie andere Kinder, sondern ließ Objekte, wie beispielsweise eine Schüssel, stundenlang kreiseln. In Gegenwart von gleichaltrigen Kindern wirkte  er verloren, bewegte sich entweder gar nicht vom Fleck oder weinte, sobald es ihm zu laut wurde. Irgendwann fing er an, die Kinder in seiner Krabbelgruppe ins Gesicht zu kneifen. Keine pädagogische Herangehensweise half, dieses Verhalten zu korrigieren. Wir begannen, den Kontakt mit gleichaltrigen Kindern zu vermeiden.

 

Im Alter von 19 Monaten hatte Luka keinen Zugang zu Sprache, nicht einmal auf seinen Namen reagierte er, geschweige denn sprach er. Er zeigte nicht auf Gegenstände, um etwas zu bekommen, sein Blickkontakt war unvollständig, und Luka hatte kein Gefühl für Gefahr.


In dem Maße, wie Luka „sonderbarer“ wurde, gestaltete sich unser Familienleben anstrengender. Mit 22 Monaten wurde „dringender Verdacht auf frühkindlichen Autismus“ diagnostiziert.


Unsere Probleme hatten einen Namen bekommen, damit wurden wir handlungsfähig und begannen unsere Recherche zum Thema Autismus. Ergebnis: Wir als Kommunikationsexperten und Trainer für Interaktion sollten ein Kind bekommen haben, dem unsere gelebte Realität verschlossen sein sollte?


Zunächst hielten wir das für einen schlechten Witz – da waren wir in unserer Wut.


Dann begannen wir dem Glauben zu schenken, was wir überwiegend hörten (man kann wenig tun) – da wurden wir „realistisch“ … und depressiv.


Schließlich lasen wir immer mehr internationale Quellen (man kann eine Menge tun), erinnerten uns daran, dass wir schon von Beruf aus „ungewöhnlich“ sind – da waren wir wieder motivierte und entschlossene Optimisten.


Unsere Suche nach Antworten und praktikablen Lösungen führte uns weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Was wir in Seminaren in den USA, Holland und England lernten, stellen wir in unserem Leitfaden auszugsweise vor. Die Resultate unserer Herangehensweise sprechen für sich – die Entwicklung unseres Kindes allein von 2007 bis 2011 war atemberaubend:


Luka erlernte das Kauen. Er aß und trank selbständig all das, was auch wir zu uns nahmen. Körpergröße und Gewicht waren altersgerecht. Er zog sich selbständig an und aus. Er putzte sich die Zähne und ging auf die Toilette. Er schlief durch. Er hielt Blickkontakt. Seine Sprachentwicklung war altersgemäß. Er suchte von sich aus Kontakt zu Erwachsenen und Kindern. Er forderte Körperkontakt ein. Die Interaktionsspanne beim Spielen war altersgerecht. Er entwickelte ein Ich-Bewusstsein und sprach von sich selbst in der 1. Person.


In 2012 wurde Luka eingeschult. Er benötigte nur zwei Monate, dann konnte er Gruppensituationen gut aushalten. Er lernt gerne und eigenständig. Luka ist ein spontaner, ehrgeiziger, lebensfroher und humorvoller Junge auf dem Weg in die Unabhängigkeit.

 

Christiane und Deniz Döhler


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